Zauberlehrling


Eine Hexengeschichte von Armida
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Mühsam schlage ich die Augen auf, der Wecker klingelt mal wieder ununterbrochen. Ich drehe mich um und schalte ihn aus. Nur noch 5 Minuten denke ich. Nach 30 Minuten wache ich wieder auf, das Herz schlägt schnell : "Mist, schon wieder zu spät" Ich springe aus dem Bett, suche mir schnell ein paar Klamotten zusammen, ab ins Bad.....Kaffee gibt's mal wieder keinen. Und schon sitze ich im Auto und quäle mich durch den Verkehr.
Als ich endlich im Geschäft angekommen bin, habe ich mich wieder etwas beruhigt und fange genervt mit der Arbeit an, die Stapel liegen hoch und es ist kein Ende in Sicht. Ich frage mich warum ich die Arbeit nicht einfach weghexen kann.

Ja, denke ich, Hexen haben es gut, die zaubern und haben ein lustiges Leben.
Endlich, es ist 18 Uhr und ich bin mit meiner Arbeit etwas auf dem Laufenden. Als dann noch mein Chef kommt und mich mal kräftig anmotzt. Frustriert packe ich meine Siebensachen und mache Feierabend für heute. Am liebsten würde ich den in einen Frosch verhexen, denke ich noch - Ähnlichkeit hat er ja schon mit einem.

Da ich frustriert bin, beschließe ich den Frust mit einem Einkaufsbummeln etwas zu lindern, eine flippige Hose oder ein Top könnten meine Laune schon wieder aufhellen. Nach einer gewissen Wartezeit vor dem Parkhaus habe ich endlich einen Parkplatz ergattert und laufe auf die Haupteinkaufsstraße. Die Läden können mich wenig begeistern, es gibt überall das Gleiche. Immer frustrierter laufe ich mal in die Seitenstraßen.

Weit abseits von der regen Haupteinkaufsstraße entdecke ich einen kleinen Laden der meine Aufmerksamkeit erregt. In einem winzigen, schon leicht von Dunst und Rauch schmutzigen, Schaufenster entdecke ich Kristallkugeln, Räucherstäbchen, Pulver, Glasflaschen mit Flüssigkeiten, Amulette und sonst noch so einiges. Ein Amulett zieht mich heftig in seinen Bann. Da es nicht allzu teuer ist beschließe ich es mir zu kaufen und auf Klamotten zu verzichten. Ich betreten den kleinen Laden.

Ein Duft von Weihrauch, orientalischen Kräutern, Räucherstäbchen und Wachs strömt mir entgegen. Im Laden ist es fast Dunkel, nur Kerzenschein und fahles Licht von Glühbirnen erhellen den Raum ein bisschen. Ich schaue mich interessiert um, ein Verkäufer ist nirgends zu sehen. Also schaue ich in aller Ruhe in Regalen und Ständern und stöbere ein bisschen herum. Auf einmal höre ich ein Räuspern hinter mir : "Kann ich Dir helfen ?" Ich drehe mich um und eine Frau mit langen schwarzen Haaren, mittleren Alters steht hinter mir. Sie sieht mich freundlich an. Ich sage ich hätte gerne das Amulett aus dem Schaufenster. Sie geht zum Schaufenster und nimmt das Amulett heraus.

Gemeinsam gehe ich mit ihr zur Kasse. Während sie das Amulett einpackt erklärt sie mir die Wirkungsweise des Amulettes. Ich nicke und sage bestätigend ...mhmmm.. Die Frau schaut auf und fragt mich warum ich gerade dieses Amulett gewählt hätte. Ich erkläre ihr es hätte sofort meine Aufmerksamkeit erregt und es hätte mir gefallen. Auf einmal fragt sie mich ob ich nicht eine Hexe werden wollte. Verblüfft schaue ich die Frau an.

Gibt es Hexen nicht nur im Märchen ? Und wenn es welche gibt, kann man das lernen? Die Frau lacht mich an und stellt sich vor : Hallo, ich bin Rowan und ich bin eine Hexe. Ich bin Sandra, sagte ich verduzt. Rowan bedeutete mir auf einem Stuhl Platz zu nehmen.

Sie erklärte mir das sie zwischen uns ein Band verspürte und sie mich gerne als Zauberlehrling aufnehmen würde. Sie wollte wissen ob ich mich schon mit esoterischem Wissen beschäftigt hätte. Ich erklärte ihr was ich wusste, ein bisschen über Astrologie und über Kräuterheilkunde. Nach einem kurzen Gespräch erklärte ich mich bereit als Zauberlehrling anzufangen.

Nach kurzer Zeit musste ich feststellen das ich in Rowan eine verwandte Seele gefunden hatte. Wir verbrachten viele Stunden in unserer Freizeit miteinander und ich lernte als erstes das eine Hexe auch immer noch zur Arbeit gehen muss. Das schmerzte mich sehr. Rowan brachte mir viel über Rituale, Zauber, Astrologie, Wahrsagen und Kräuterheilkunde bei, doch durfte ich nie etwas ausprobieren. Das langweilte mich zutiefst.

So ging ich eines Tages her und machte einen Liebeszauber, gerade so zum Spaß. Das ganze artete in eine Katastrophe aus, denn der Zauber wirkte auf den Mann und er rannte mir wie ein kleiner Hund hinterher. Er schrieb mir Liebesbriefe, rief jeden Tag bei mir an, besuchte mich im Büro, brachte mir Blumen und verfolgte mich bei jedem Schritt. Es war grausam. Verzweifelt rief ich bei Rowan an und erzählte ihr von meiner Schandtat.... sie lachte laut schallend. Gemeinsam machten wir den Zauber wieder rückgängig, doch ich hatte meine Lektion gelernt. Natürlich bekam ich eine Rüge von ihr erteilt.

Dann nahm mich Rowan das erste mal zu ihrem Treffen beim Hexenzirkel mit, die Einweihung in das Ritual faszinierte mich total ..... ich lernte an diesem Tag viel und wollte gar nicht mehr aufhören. Wir tanzten und sangen, machten Anrufungen und tranken Hexenwein. Es war wie in einer anderen Welt. Wir zogen einen magischen Kreis und setzten uns hinein. Danach begannen wir mit Gesängen und Anrufungen an die Dreifaltige Göttin. Es war alles einfach wunderbar. Immer mehr fühlte ich wie ich zu einer Hexe wurde. Ich spürte den Zauber in mir, ich fühlte die Kraft der Natur, ich fühlte auf einmal auch den Sinn des Lebens. Diese gemeinsamen Stunden waren für mich zu einer kleinen Reise geworden, ich hatte endlich einen Ruhepunkt gefunden, mein sonst so unruhiges Wesen auszugleichen. Ich tauchte in die andere Welt ein.

Von dieser Stunde an, trug ich immer mein Amulett und ging auch beschwingter an die Arbeit im Büro. Es machte mir nichts mehr aus..

Meine Bekannten lachten mich zwar des öfteren aus, doch irgendwann begann ich auch darüber zu stehen und fühlte mich wohl bei dem was ich tat und bei dem was ich lernte, wußte und wie ich mein Leben meisterte. Ich stand offen dazu mich mit diesen Dingen zu beschäftigen. So erweiterte ich meinen Horizont, mein Wissen und meine Lebenseinstellung. Ich erforschte viele Gebiete der Geisteswissenschaften, der Psychologie und ich erkannte den wahren Sinn, ich wollte anderen Menschen helfen, durch mein Wissen konnte ich ihnen helfen. Nun hatte ich erkannt was es heißt eine Hexe zu sein : Anderen Menschen helfen, den Geist, die Seele und den Körper zu vereinigen. Eins zu sein. Der Begriff Hexe war für mich nicht mehr das alte Weib was auf dem Besen herumfliegt, sondern er war greifbar, real geworden.

Ich erkannte die Schönheit der Natur, das Besonderes eines Tages, der kleine Schmetterling - der Bach - die Blüten, ich nahm alles mit anderen Augen wahr. Ich hörte auf diese mürrisch, frustrierte Person zu sein. Ich fühlte, ich lebte.

Und so erhellte sich mein trister Alltag durch mein Hexendasein, am Tag war ich immer noch die kleine graue Büromaus, doch am Abend, wenn die Sonne unterging, der Mond zum Vorschein kam, ich meine Kerzen entzündete war ich die Königin der Nacht, ich war keine graue Maus mehr die am Schreibtisch verzweifelte, sondern ich leuchtete.

Auch das Durcheinander, der Staub in meiner Wohnung, das Chaos in meinem Büro brachte mich nicht mehr um den Verstand.

Natürlich waren die Tage und Stunden genauso durch Streß erfüllt wie bei jedem, auch war ich vor Durchhängern nicht sicher, aber ich erkannte es und stellte meinen Lebenswandel danach um, ich trank Tee anstatt Kaffee ich nahm nicht gleich bei jedem Schnupfen die Arzneimittel aus der Apotheke, sondern nahm Kräuter zu mir und Tee und machte Bäder.

Auch hatte ich ein ganz einfaches Zaubermittel gegen das Durcheinander gefunden, kam Besuch begann ich alles durcheinander in die Schränke zu stopfen und machte die Türen zu, mein Zaubertuch (Staubtuch) wedelte oberflächlich über die Möbel und Hex Hex es war alles zumindest äußerlich sauber. Und Kritiker bekamen von nun an einfach das Staubtuch in die Hand gedrückt mit dem Kommentar : wenn Dir was nicht passt, dann mach es doch einfach selbst.

Und so begann ich meinen Alltag jeden morgen mit dem schrillen Weckerrasseln, die Eile ins Bad, dem Stau und der Arbeit im Büro. Abends hetzte ich aus dem Büro und versuchte so viel wie möglich über die Rituale zu lernen. Ich sammelte alles was ich in die Finger bekam über Hexen, Zauber und magisches Zubehör, bald wuchs das Chaos in meiner Wohnung immer mehr. Aber ich lernte eifrig dazu und erforschte immer wieder neue Wissensgebiete. Und eines habe ich dann gelernt : Dein Leben ist das was Deine Gedanken daraus machen.

Rowan brachte mir viel bei und ich erweiterte auch mein Wissen selbständig in die unterschiedlichsten Richtungen. Eines Abends sagte Rowan zu mir :

Du hast es geschafft : Du bist eine Hexe - tue was Du willst aber schade niemanden.

Aber steckt nicht in jeder von uns eine Hexe, steckt nicht in jeder von uns ein bißchen von diesen alten Fähigkeiten ?

by Armida



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