GEDICHTE


von Katharina von Samsom
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Seufzer

Fuchs und Räbin lachten unter Tannen,
im Wald, da dämmerte es schwarzen Dunst
die späten Vögel spannen
ein Kleid aus Sangeskunst

Sie kündeten von heimlichen Geschichten
und Abenteuern,die nur darauf warten,
und Märchen hockten unter Fichten
und sehnten sich nach Heldentaten

Da schlug mein Herz,die Sehnsucht juchzte laut
und ganz allein liess ich den öden Schreibtisch stehen;
auf meiner Quest nach Einhornritt und Hexenbraut
schnell in den wilden Wald zu gehen

Doch jeder Schritt auf leisem Moos und farnbewachsner Lichtung
trug mich durch Orte ohne Zeit
vorbei
an traumbeglänzter Sagendichtung
nur immer tiefer
in die eigne Wirklichkeit

© Katharina von Samsom - 6.11.2000







Imbolc

Schneewind beisst,
doch
Sternenring kreisst,
Frau Holla wild den Knüppel schwingt,
das Erste Lamm ums Leben ringt
und silberne Drachen wie Sturmtosen schreien;
sie wollen ihre Winterherrin befreien.
Aber ein leiser Frühlingsduft weht
und wütelnd die blaugesichtige Alte geht.
Denn schon küsst der feurige Sohn aus Sonne
die eisigen Felder mit schmelzender Wonne,
bald wollen die frühen Schmelzbächlein fliessen,
und tapfere Schneeglocken getrauen sich zu spriessen.
Und im Wald hab' ich ein Singen vernommen;
das Vogelvolk heisst die Holde willkommen!
So will auch ich die Schöne begrüssen:
Failte´ Bridgid,ein Teppich von Blumen zu Deinen Füssen!
Doch auch der Nachtmutter will ich Ehre erweisen:
geliebtes Biest ,geh bald wieder auf Reisen,
denn herrlich ist Deine Winterzeit,
ein Schoß von weiser Dunkelheit.

© Katharina von Samsom - Imbolc 2001







Brunft

Kreuzspinnenweben
und
Nebelfeen schweben
Biestmilch närt
und
Katzenpelz lehrt
Himberkuss schmeckt und
Fuchsfänge bleckt
Krötenschleim spuckt
und
Schlangenleib zuckt

Ein schreckliches Tohuwabohu droht
färbt der Mond mal wieder die U-Hosen rot
So zittert denn und schluckt eure Pillen
- Oder aber seid allen guten Geistern zu Willen
Und schad´ist´s um die, die der Ekel gezähmt
die haben sich sogar die Paarung vergrähmt,
die müssen mit Always und Camelia kuscheln
indes bitten wir lieber Pahn zu den Muscheln

und Schwitzen und Knurren und freuen uns herrlich
und danken den Müttern und stinken gefährlich!

© Katharina von Samsom - 9.9.2000







Die unglaubliche Wahrheit über Zugverspätungen und andere alltägliche Wiedersätzlichkeiten

Husten Krähen in den Hecken
tut sich keiner mehr erschrecken,
auch ein Nebelstrauch am Wegesrand
wird als solcher wohl erkannt.
Hexen könn' uns nicht verfluchen,
haben doch bei Neonlicht gar nichts mehr zu suchen.

Auch im Supermarkt beim Schlangestehn'
hat keiner je einen Faun gesehen.
Doch- wer weiss schon ob in Gläsern voll mit Bohnen
vielleicht nicht etwa Pupsgespenster wohnen?
Und wer hat nicht schonmal gehört ,
wie eine rastlos' Klempnerseel' im Heizungskessel röhrt?

Und gar an U-Bahnhaltestellen
sei auf der Hut vor grauslichen Gesellen!
Im dunklen Tunnel muss der Schaffner voll Entsetzen
die Kehle sich mit Korn benetzen,
droht ihm doch ein wütender Vampir:
"Fahrscheinkontrolle? Nicht mit mir!"
SO weisst du nun wie es in Wahrheit sich verhält,
wenn Dein Zug später kommt als wie bestellt.

Doch am allerschlimmsten sind die wilden Streptokokken,
eitrig Teufel ,die auf den Tonnsillen hocken!
Bist du erst von dieser Brut besessen
hilfts' kaum mehr Penicillin zu essen.
Nein, grausam quälen diese Höllenwesen,
und nur wer stark im Glauben ist,kann von ihrem Biss genesen.

Drum' rat ich Dir beizeiten:
Lass Dich nicht zum Irrglauben verleiten;
die Welt kennt mehr als Teer und Wertpapier,
als Glühbirnen oder Ionen,
die Geister sind noch immer hier
--auch wenn sie mittlerweile wohl in Plattenbauten wohnen...

© Katharina von Samsom





E-Mail an die Autorin: afritz@lycos.de


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